An einem Ostersonntag geboren zu werden, inmitten
erwachender Natur, umgeben von einer Fülle von
Pflanzen, lässt sicher eine Vermutung, eine Ahnung
zu...
Schon als Kind gehörten Blumen zum Leben und zur
täglichen Freude der Betty Kothe-Marxmeier. Im
Elternhaus, in Bochum, fand die entscheidende
Begegnung mit einem Kupferstich der Maria Sibylla
Merian (1646-1717), auf dem Blüten, Raupen und
Schmetterlinge dargestellt waren, statt. Hiervon
inspiriert, stand der Entschluss unumstößlich fest,
sich das detailgenaue Festhalten dieser
vergänglichen Welt über den Augenblick hinaus zur
Lebensaufgabe zu machen. Bleistift und Papier
wurden ihre ständigen Begleiter, Pro-fessor
Urbach von der Folkwangschule Essen und Bildhauer
Propf vom Atelier Kätelhöhn ihre ersten Lehrer. Zu
Beginn der 40er Jahre ging sie an die Kunstakademie
Leipzig. Die Studienzeit hier wurde von den bald
beginnenden Kriegsunruhen überschattet und endete
vorzeitig mit der Flucht zurück nach Bochum. Im
zerstörten Westen begann die Suche nach einer
Möglichkeit des Weiterstudiums. Diese fand sich bei
dem ehemaligen Bauhausmeister Johannes Itten in
Zürich. Neben dem Studium entstanden im Botanischen
Institut der Züricher Universität, unter Prof.
Walter Kupper, die ersten Anschauungstafeln, ein
Auftrag, dem einige Veröffentlichungen in Büchern
folgten, so auch in der damaligen Neuauflage des
Schweizer Lexikons. Prof. Itten brachte ihre
Arbeiten in die große Schweizer Ausstellung
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„Die wissenschaftliche Illustration von den Anfängen
bis heute”.
In den 50er Jahren starteten westdeutsche Verlage
mit großen Programmen, so dass botanische,
zoologische und medizinische Zeichnungen für Lexika,
Schulbücher und At-lanten benötigt wurden. Da
Illustrationen mit eigener unver-wechselbarer
Handschrift eine Rarität waren, ergaben sich die
Aufträge durch die Verlagshäuser beinahe
zwangsläufig. Betty Kothe-Marxmeier wurde zur „grande
dame" der Lexi-konillustration und erreichte
auf diese Weise Auflagen, von denen selbst die Stars
der Kunstszene nur träumen.
Bis in die späten 70er Jahre blieb sie dieser
ungewöhnlichen künstlerischen Profession treu,
arbeitete jedoch seit dem Ende der 50er Jahre
parallel im Schuldienst. Während der 70er Jahre kam
als Arbeitsgrundlage neben Zeichenkarton Porzellan
hinzu. Bewegte Linien, Strukturen, die zu
Formzusammenhängen führen und eine Ahnung von
Pflanzen und Tieren ergeben, entstanden als
Dekorvarianten für Dosen und Wandteller der
Porzellanmanufakturen Fürstenberg und Hoechst. Jetzt
entfernte sich Betty Kothe-Marxmeier auch von der
rein wissenschaftlichen Illustratorin hin zum
Fabulieren traumhafter Blütenbilder des Werdens und
Vergehens, wobei die Schönheit des Vergehens den
Vorrang hat. Vorbilder dafür bietet die
Kunstgeschichte reichlich, die eigene Variante war
stets das Ziel und wird es im Wechsel der
Lebensphasen immer bleiben.
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